Das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in Deutschland ist sowohl unter ökologischen als auch unter sozialen Gesichtspunkten untragbar. Die Vereinten Nationen haben dies erkannt: bis 2030 soll die Lebensmittelverschwendung weltweit halbiert werden (SDG 12.3). Gleichzeitig landet Deutschland laut einer aktuellen Studie aus den Niederlanden weltweit auf Platz neun der Lebensmittelverschwendung.[1] Vor diesem Hintergrund wurden beim Fachgespräch mit über 50 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Verbraucherschutz, lebensmittelrettenden Initiativen, Handel und der Politik Hemmnisse und Lösungen rechtlicher Rahmenbedingungen bei der Weitergabe geretteter Lebensmittel diskutiert.
Der Lebensmittelmarkt ist sowohl auf EU-Ebene als auch national stark reguliert. Rechtliche Rahmenbedingungen wie Produkthaftung, Rückverfolgbarkeit, Hygieneanforderungen und Qualitätsanforderungen sollen einerseits Verbraucher*innen schützen, andererseits stehen sie der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung auch entgegen. Bei der Diskussion mit Vertreter*innen vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL), Tafel Deutschland, Sirplus und dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVLH) waren vor allem bestehende Haftungsrisiken von hoher Relevanz. Mit dem Blick in die EU bietet vor allem das Gute Samaritergesetz in Italien eine geeignete Lösung zum Abbau von Haftungsrisiken im Kontext der Lebensmittelrettung. Das zuständige BMEL findet den Blick ins Ausland sinnvoll, um rechtliche Hürden in Deutschland abzubauen. Von Seiten des Handels wurde klar signalisiert „[eine] Erleichterungen bei der Haftung auf gesetzlicher Basis ist wünschenswert […]. Der Lebensmitteleinzelhandel möchte […] Spielräume unter dem aktuellen rechtlichen Rahmen sinnvoll nutzen.“ Die Tafeln retten seit 27 Jahren Lebensmittel in Deutschland, um sie an Bedürftige zu verteilen. Seitdem „ist es noch zu keinem Haftungsfall gekommen“. Lebensmittelverschwendung ist vor allem ein „gesamtgesellschaftliches Problem“, so Timo Schmitt von Sirplus. Ziel sollte es sein die Wurzel des Problems zu fokussieren: es dürfen gar nicht erst so viele Lebensmittel in die Tonne landen. Die Rettung muss obsolet werden. Ein gelungener Abschluss einer spannenden Diskussion, die im Rahmen des Projekts fortgeführt werden soll.
[1]https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0228369