Fachgespräch am 22. Januar

Der Einladung zum Fachgespräch folgten ca. 50 Interessierte aus der landwirtschaftlicher Praxis, Forschung, Behörden und Landesministerien in den Räumen der Deutschen Umwelthilfe in Berlin, um über die Vereinbarkeit von Immissions- und Tierschutz zu diskutieren.
Derzeit scheitert die Genehmigung tiergerechter Ställe häufig an bau- und immissionsschutzrechtlichen Hürden. So haben Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Innenminister Horst Seehofer am 10. November 2019 eine Änderung des Baugesetzbuches angekündigt, um die Erweiterung von Ställen zur Verbesserung von Tierwohl zu erleichtern. Darüber hinaus soll die Novelle der TA-Luft eine Öffnungsklausel für tiergerechte Haltungsverfahren enthalten. Jedoch ist die genaue Ausgestaltung der jeweiligen Regelwerke derzeit noch unklar.
Folgende Leitfragen wurden zu diskutiert:
» Wie kann Güllemanagement tiergerecht und emissionsreduziert betrieben werden?
» Welche Rahmenbedingungen müssen für Außenklima- und Offenställe vorherrschen?
» Welche Eigenschaften hat die Nutztierhaltung der Zukunft?
Im Ergebnis wurde deutlich, dass viele Haltungsformen für Schweine verminderte Emissionen haben, sofern den Tieren ausreichend Platz für funktionierende Funktionsbereiche geboten ist und eine regelmäßige Entmistung erfolgt. Jedoch ist derzeit ein großflächiger Umbau von Ställen nicht in Sicht, da diese nicht genehmigungsfähig sind. Des Weiteren müssen alle Wirtschaftsbetriebe mitgedacht werden, um in Regionen mit Intensivtierhaltung und sehr großen Schlachthöfen eine Veränderung der Tierhaltung zu erzielen. In politischen Entscheidungsprozessen ist daher auch die Ernährungswirtschaft zu beteiligen.
Große Herden in der Freilandhaltung sind weniger leicht umsetzbar, da sie sehr viel Fläche nachhaltig benötigen. Daher ist dies nur mit kleineren Herden realisierbar. Mehr Platz im Stall bedeutet auch weniger Tiere, sodass es absolut zu einer Emissionseinsparung kommt. Zudem können sich auch die Schweinepreise erholen. Nachdem die Kennzeichnungspflicht für Eier eingeführt wurde, hat dies zu einer veränderten Haltung von Legehennen geführt. Zuletzt ist der Sektor gestärkt aus dem Transformationsprozess hervorgegangen. Dem entgegen bedeutet die bestehende Exportstrategie der Schweinhaltung das AUS für die bäuerliche Landwirtschaft.
Anschließend wurde das neue Stallkonzept am Hof Bodenkamp in der Grafschaft Bentheim vorgestellt. Vor dem Umbau stammte der Stall aus den 70ern und waren konventionelle Mastställe. Die Tierhaltungskonzepte arbeiteten vor allem kostenorientiert. Wenn man Stallkonzept verändert, verlässt man auch herkömmliche Kosten- und Vermarktungsstruktur.  Daher muss man die Vermarktung der Produkte auch neu „Denken“ um höhere Kosten abzudecken und neue Vermarktungsstrukturen müssen geschaffen werden.
Die neuen Ställe sind teils überdacht und haben Teilspaltenböden. Außerdem wird mit Bodenfütterung gearbeitet, um den Tieren ihr Wühl- und Suchverhalten zu ermöglichen. Dies ist laut Angaben des Landwirts leider einmalig in Deutschland. Eine leichte Schräge ermöglicht die Kot-/Harntrennung, welche zur Emissionsminderung pro Tier führt. Stroh im Außenbereich wie in der ökologischen Haltung ist nicht praktikabel und führt zu mehr Emissionen.
Da zwei Drittel der Betriebe in der Region gewerblich sind, müssen auch hier die Veränderungen passieren. Leider wurde dem Hof aber lange keine Baugenehmigung erteilt, wobei der alte Stall mit Filter eine Genehmigung bekommen hätte. Eine Systemveränderung scheint nicht gewollt.

Fragen aus dem Publikum waren beispielsweise:
•    Wie können wir Ställe fördern, wenn wir Emissionsfaktoren nicht kennen?
•    Haben Sie Biosicherheit bedacht?
•    Kann die ökologische Tierhaltung nicht Vorbild sein?
Ein weiterer Tierwohlstall mit Niedrigemissionen wurde von der DoehlerAgrar Unternehmensberatung vorgestellt. Wichtige Ziele der Konzeptstudie sind hierbei eine hohe N-Effizienz im gesamten Produktionszyklus, geringe Ammoniakemissionen auf dem Niveau von Abluftreinigungsanlagen und den Erwartungen der Gesellschaft an die Tierhaltung zu entsprechen. Dafür müssen Alternativen für Mist und Gülle entwickelt werden. Ein Ansatz des Stalles ist so früh wie möglich die Ammoniakentstehung durch Ureasehemmung zu blockieren. Wichtig ist, dass die Lebensräume getrennt werden, um das Suhlen in den Mistenzonen zu vermeiden.
Im Fazit ist auch hier Tierwohl und Emissionsminderung zumindest bei Schweinen kein Widerspruch.
Fragen/Anmerkungen aus dem Publikum:
•    Ansäuerung im Großen nur für Urin geeignet, da angesäuerte Gülle schlecht in der Biogasanlage vergärt werden kann
•    Ställe mit Kot-/ Harntrennung sind leichter zu genehmigen, da geringre Geruchsbelästigung, keine Faulgase
Eine Vertreterin des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft betonte die nationale Nutztierstrategie, die 2017 erstmals veröffentlich wurde und sich derzeit in der Umsetzung befindet. Für die Nutztierhaltung soll eine breite Zustimmung in der Gesellschaft vorhanden sein. Zusätzlich soll Planungssicherheit für Betriebe verbessert werden und deren Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.
Um die Vereinbarkeit von Tierwohl und Umweltschutz zu fördern müssen Genehmigungsbehörden besser integriert werden. Zudem werden Forschungsprojekte mit Messkampagnen gefördert. Ohne Zahlen wäre eine Genehmigung in breiter Masse nicht vertretbar. Lange wurde dies leider verschleppt. Im Ausblick sind das Tierwohllabel und die Studie der Borchert Kommission wichtige Meilensteine.
In der nachfolgenden Plenumsdiskussion wurden folgende Meinungen vertreten:
•    Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit es sogar zu einer freiwilligen Tierzahlreduktion kommt
•    Konfliktfeld bei Emissionen können bei Schweinen gut reduziert werden, bei Geflügel und Rindern ist es schwierig, ohne eine Tierzahlreduktion
•    Den Prozess hin zu mehr Tierwohl auf den Verbraucher abzuwälzen ist zu leicht, denn bei den Schweinen wird im Moment EU recht gebrochen
•    Tierzahlreduktion ist ein Problem in der Diskussion mit Landwirten
•    Auch große Ställe müssen Tierwohl umsetzen können, das ist auch möglich, muss aber genehmigt werden und genehmigungsfähig sein
•    Wenn Bestandställe mit mehr Tierwohl ausgestattet werden, dann haben wir eine zwangsläufige Tierbestandsabstockung
•    Die Effizienzsteigerung bei der Produktion ist limitiert und hat irgendwann auch negative Folgen für das Tier

 

 

 

Navigation